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Der Loreley-Fels

 

Aus Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Loreley)

Bild 1

Bild 2

 

Die Loreley oder Lorelei ist ein 132 Meter hoher, aus dem Rhein herausragender Schieferfelsen bei Sankt Goarshausen, Rheinland-Pfalz im Taunus. Der Blick von oben auf die Stadtansichten von Sankt Goarshausen mit der Burg Katz und Sankt Goar mit der Ruine Burg Rheinfels gehört zu den unverwechselbaren Erlebnissen für viele Touristen. Wenige hundert Meter vom Aussichtspunkt entfernt befindet sich die Loreley-Freilichtbühne, wo gelegentlich Großveranstaltungen (z. B. Rockkonzerte) stattfinden.

Bei der Loreley ist der Mittelrhein bis zu 25 m tief und nur 113 m breit. Dies ist die engste und tiefste Stelle des Rheins, weshalb auch heute noch die Rheinschifffahrt durch Lichtsignale vor Gegenverkehr gewarnt wird. Die gefährlichsten Felsen an der Loreley wurden jedoch in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts gesprengt, so dass heute die Loreleypassage viel von ihrer früheren Gefährlichkeit verloren hat.

Geschichte

Siedlungsspuren auf dem Fels gibt es schon von vor etwa 600.000 Jahren, als das Plateau noch auf Höhe des Flusses lag. Schon im Mittelalter war die Loreley ein bekannter Ort. Zum einen wegen des markanten Felsens als Wegmarke, zum anderen wegen der gefährlichen Stelle für die Schifffahrt. Neben dem Binger Loch war hier, ein Stück rheinabwärts Richtung St. Goar (etwa in Höhe des heutigen Campingplatzes), die gefährlichste Stelle für die Rheinschifffahrt. An dieser Stelle lag eine Sandbank im Rhein, auf deren linker Seite das Wasser über quer im Fluss liegende Felsrippen stürzte, während es auf der anderen Seite ruhig abfließen konnte. Die verschieden schnell fließenden Wassermassen trafen sich hinter der Sandbank, wodurch dort starke Strudel entstanden, die manchem Schiffer zum Verhängnis wurden. Aus diesem Grund ließ sich hier der heilige Goar nieder, der versuchte, Schiffsbrüchige zu retten und zu pflegen.

Der Name

Der Name „Loreley“ setzt sich aus dem altdeutschen Wort „lorlen“ (rauschen, murmeln) zusammen und „Ley“, welches umgangssprachlich (Schiefer-)Fels oder Stein bedeutete. Der Name entstand aus einem Phänomen - dem starken 7fachen Echo, das heute wegen des Verkehrslärms nicht mehr hörbar ist. Bis zum 19. Jahrhundert existierten am Loreley ein kleiner Wasserfall und starke Strömungen, und durch das zurückgeworfene Echo erschien es so, als ob das Rauschen von den Felsen herstammte. Schon früh suchte man Erklärungen dafür und machte zunächst in Höhlen des Felsens hausende Zwerge dafür verantwortlich. Vor dem 19. Jahrhundert trug der Ort auch noch seinen männlichen Artikel wie bei „der Lurlei“, „der Lorley“ oder der „Lurleberch“ (zahlreiche weitere Schreibweisen). [1]

Die Sage

Die Nixe Loreley als Statue auf der Hafenmauer unterhalb des Loreleyfelsens

Der Sage nach saß eine Nixe, Loreley genannt, auf dem gleichnamigen Felsen und lockte mit ihrer Stimme die Rheinschiffer an, die wegen ihres unglaublich schönen Gesangs die gefährliche Strömung und die Felsenriffe nicht beachteten und mit ihren Schifferbooten zerschellten. Kennzeichnend war auch, dass sie ihr langes blondes Haar mit einem goldenen Kamm kämmte.

Clemens Brentano schrieb 1801 in der Ballade Zu Bacharach am Rheine..., die er in den Roman Godwi oder Das steinerne Bild der Mutter eingefügt hat, von einer Zauberin, die aufgrund ihrer Schönheit allen Männern den Verstand raubte und ihnen schließlich stets den Tod brachte. Deshalb soll sie als Hexe von geistlicher Gewalt zum Tode verurteilt werden. Die "Lore Lay" ist sich ihrer Wirkung bewusst und dieses Umstands müde - seit ihr Liebster sie betrogen hat und sie in ihrem "Zauberkreis" verderben muss, wünscht sie sich zu sterben. Der Bischof bringt jedoch aufgrund Lore Lays Schönheit ein Todesurteil nicht über die Lippen und schickt sie stattdessen in ein Kloster. Auf der Reise dorthin, begleitet von drei Rittern, bittet die Lore Lay an einem großen Felsen, diesen erklimmen und noch einmal von oben den Rhein betrachten zu dürfen. Sie besteigt den Felsen und stürzt sich hinab. In einer Fußnote wird von Brentano direkt Bezug genommen auf den Loreley-Felsen bei Bacharach am Rhein. Nach einer von Werner Bellmann veröffentlichten Interpretation handelt es sich bei der Lore Lay-Ballade um eine Variation des antiken Echo-Mythos. (Echo wird aus Gram über ihre verschmähte Liebe zu Narzissus zu einem Fels, aus dem ihre Stimme als Widerhall ertönt.) Gestützt hat sich Brentano bei der Konzeption seines Gedichts auf eine im Jahre 1631 veröffentlichte versifizierte Paraphrase der Ovidschen "Metamorphosen", die sich in seinem Besitz befand und die er bei der Konzeption mehrerer Verseinlagen des Romans "Godwi" herangezogen hat. Die Lore-Lay-Ballade ist nach Bellmanns These eine - von Brentano erfundene - aitiologische Lokalsage, die die Entstehung des Echos am Loreley-Felsen bei St. Goarshausen 'erklärt'. - Bei Niklas Vogt kann man schon 1811 lesen: "Dieser Lurelei, oder vielmehr sein Echo, soll die Stimme eines Weibes seyn, welche durch ihre außerordentliche Schönheit alle Männer bezaubert hat, nur den nicht, welchen sie selbst liebte." In einer Fußnote verweist Vogt auf Brentanos Ballade (s. Rhein. Archiv f. Geschichte und Litteratur, hrsg. von N. Vogt und J. Weitzel, Bd. 5, H. 5-8, Mainz 1811, S. 69).

Außerdem existieren Balladenfassungen von Eichendorff, Isidorus Orientalis u.a.

Heines „Loreleylied“

Heinrich Heine griff das Thema 1824 in dem bekannten Gedicht „Die Lore-Ley“ auf, 1837 vertonte Friedrich Silcher dieses Gedicht.

Ich weiß nicht was soll es bedeuten,
Dass ich so traurig bin;
Ein Märchen aus alten Zeiten,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.

Die Luft ist kühl und es dunkelt,
Und ruhig fließt der Rhein;
Der Gipfel des Berges funkelt
Im Abendsonnenschein.

Die schönste Jungfrau sitzet
Dort oben wunderbar;
Ihr goldnes Geschmeide blitzet,
Sie kämmt ihr goldenes Haar.

Emil Krupa-Krupinski: Loreley, 1899

Sie kämmt es mit goldenem Kamme
Und singt ein Lied dabei;
Das hat eine wundersame,
Gewaltige Melodei.

Den Schiffer im kleinen Schiffe
Ergreift es mit wildem Weh;
Er schaut nicht die Felsenriffe,
Er schaut nur hinauf in die Höh.

Ich glaube, die Wellen verschlingen
Am Ende Schiffer und Kahn;
Und das hat mit ihrem Singen
Die Lore-Lei getan.

Adaptionen des Loreley-Stoffes

Max Bruch, Alfredo Catalani und Fredrik Pacius komponierten Opern mit dem Titel „Loreley“ zu diesem Thema.

George Gershwin ließ 1932 in dem in Deutschland spielenden Musical „Pardon My English“ die Loreley als „leichtes Mädchen“ besingen. Lenny E. Hoffmann komponierte 1993 das Musical „Loreley“ mit dem London Symphony Orchestra und Chris Kempers als Loreley. Von Mai bis September 1993 wurde das Musical auf der Loreley-Freilichtbühne aufgeführt.

Ernst Busch warnte in seinem Stück "Ami go home!" den Amerikaner davor, der Loreley ihren goldenen Kamm zu klauen und forderte ihn auf, auf seinem Längengrad zu bleiben.

Erich Kästner schrieb ein mit schwarzem Humor gefülltes Gedicht mit dem Titel "Handstand auf der Loreley", in dem er direkt Heines Gedicht zitiert.

Die Gruppe Dschinghis Khan hatte 1981 großen Erfolg mit dem deutschen Schlager Loreley.

Auch verschiedene Mittelalterbands schrieben Lieder über die Loreley, unter ihnen die Bands "Schandmaul" (Das Seemannsgrab) und "Die Streuner" (Die Balade der Loreley). Die Musikband Theatre of Tragedy hat ebenfalls ein Lied mit dem Titel "Loreley" geschrieben das die Loreley besingt, ebenso wie die amerikanische Mittelaltergruppe Blackmores Night.

Forschungsliteratur

  • Helga Arend: Die Loreley – Entwicklung einer literarischen Gestalt zu einem internationalen Mythos. In: Gender und Interkulturalität. Ausgewählte Beiträge der 3. Fachtagung Frauen-/ Gender-Forschung in Rheinland-Pfalz. Hrsg. von Liesel Hermes, Andrea Hirschen und Iris Meißner. Tübingen 2003. S. 19-28.

  • Werner Bellmann, Brentanos Lore Lay-Ballade und der antike Echo-Mythos. In: Clemens Brentano. Beiträge des Kolloquiums im Freien Deutschen Hochstift 1978, hrsg. von Detlev Lüders, Tübingen 1980, S. 1-9.

  • Manfred Halfer: Loreley - ein Beitrag zur Namendeutung. St. Goar a. Rh. 1997.

  • Jürgen Kolbe: "Ich weiß nicht was soll es bedeuten". Heinrich Heines Loreley. Bilder und Gedichte. München 1976.

  • Willy Krogmann, Lorelei. Geburt einer Sage. In: Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde 3 (1956) S. 170-196.

  • Peter Lentwojt: Die Loreley in ihrer Landschaft. Romantische Dichtungsallegorie und Klischee. Frankfurt a. M. (u.a.) 1998.

Siehe auch

Weblinks

 

   

Wiktionary: Loreley – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen

 

   

Wikisource: Die Lore-Lei – Quellentexte

 

 

   

Commons: Loreley – Bilder, Videos und/oder Audiodateien


Aus: WWW-Projekt für DaF  (http://www.deutschkurse.de/medienseminar/ss2000/loreley/index.htm)

 

Wer ist die Loreley?

Loreley heißt sowohl ein Felsen am Rhein als auch eine Sagengestalt,

die der Dichter Clemens Brentano als erster in der Literatur erwähnte.

Der steile Loreley-Felsen liegt bei Sankt Goarshausen in Rheinland-Pfalz

am rechten Rheinufer. Er ist ein 132 Meter hoher Schieferfelsen. Der

Rhein ist an dieser Stelle sehr eng, fast 27 Meter tief und daher sehr

gefährlich. Mehrere Felsriffe - auch die "Sieben Jungfrauen" genannt -

haben in vergangenen Zeiten vielen Schiffern das Leben gekostet.

Auch heute noch kann man diese Felsriffe bei niedrigem Wasser sehen.

In der Epoche der Romantik entstand im 19. Jahrhundert der Mythos.

Das Volk sprach von einem schönen Mädchen oder auch von einer

Meerjungfrau mit langen blonden Haaren, die auf dem Loreley-Felsen

saß und ihr Haar kämmte. Der Gesang und das Aussehen dieser Jungfrau

waren so schön, dass die Schiffer von ihrem Weg abkamen und den Tod  fanden - so erzählt die Sage.

Viele deutsche Dichter schrieben über die Loreley. Auf unseren Seiten

findet Ihr die drei bekannntesten Gedichte, in denen die Loreley jeweils

unterschiedlich dargestellt wird. Schaut sie Euch doch mal an!

Den Loreley-Felsen gibt es noch immer und der Mythos ist noch lange

nicht vergessen. Der Felsen ist heute ein beliebtes Ausflugsziel am

Mittelrhein (=landschaftlich schönster Teil des Rheins zwischen Mainz und Köln).

 

Heute erinnert eine kleine Statue der   Loreley am Rheinufer an die Sage.    

 


 

Aus: Das Mittelrheintal (http://www.jhelbach.de/indexa.htm)

(Der Autor dieser Homepage, Jürgen Helpach, hat auf seine Heimseite noch sehr viel mehr interessante Artikel, Bilder,, Gedichte, Prosa, Interpretatiionen, etc. Es lohnt sich sehr diese Seite zu besuchen!)

"Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, .."

Loreley-Gedichte

 

Lore Lay

Zu Bacharach am Rheine
wohnt` eine Zauberin;
die war so schön und feine
und riß viel Herzen hin.

Und brachte viel zu Schanden
der Männer ringsumher;
aus ihren Liebesbanden
war keine Rettung mehr.

Der Bischof ließ sie laden
vor geistliche Gewalt -
und mußte sie begnaden,
so schön war ihr` Gestalt.

Er sprach zu ihr gerührt:
"Du arme Lore Lay,
wer hat dich denn verführet
zu böser Zauberei?"

"Herr Bischof, mit mir Armen
treibt nicht so bösen Spott
und bittet um Erbarmen
für mich den lieben Gott.

Ich darf nicht länger leben,
ich liebe keinen mehr -
den Tod sollt ihr mir geben,
drum kam ich zu Euch her!

Mein Schatz hat mich betrogen,
hat sich von mir gewandt,
ist fort von mir gezogen,
fort in ein fremdes Land."

Drei Ritter läßt er holen:
"bringt sie ins Kloster hin!
Geh, Lore! - Gott befohlen
sei dein bedrückter Sinn!"

Zum Kloster sie nun ritten,
die Ritter alle drei,
und traurig in der Mitten
die schöne Lore Lay.

"O Ritter, laßt mich gehen
auf diesen Felsen groß!
Ich will noch einmal sehen
nach meinem Lieben Schloß.

Ich will noch einmal sehen
wohl in den tiefen Rhein
und dann ins Kloster gehen
und Gottes Jungfrau sein."

Der Felsen ist so jähe,
so steil ist seine Wand;
doch klimmt sie in die Höhe,
bis daß sie oben stand.

Es binden die drei Ritter
die Rosse unten an
und klettern immer weiter
zum Felsen auch hinan.

Die Jungfrau sprach: "Da gehet
ein Schifflein auf dem Rhein;
der in dem Schifflein stehet,
der soll mein Liebster sein.

Mein Herz wird mir so munter,
er muß mein Liebster sein!"
Da lehnte sie sich hinunter
und stürzte in den Rhein.

Die Ritter mußten sterben,
sie konnten nicht hinab;
sie mußten all verderben,
ohn Priester und ohn Grab.

Wer hat dies Lied gesungen?
Ein Schiffer auf dem Rhein,
und immer hats geklungen
von dem Dreiritterstein:

Lore Lay
Lore Lay
Lore Lay
Als wären es meiner drei.

Clemens Brentano

Lorelei

Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
daß ich so traurig bin;
ein Märchen aus alten Zeiten,
das kommt mir nicht aus dem Sinn.

Die Luft ist kühl und es dunkelt,
und ruhig fließt der Rhein;
der Gipfel des Berges funkelt
im Abendsonnenschein.

Die schönste Jungfrau sitzet
dort oben wunderbar,
ihr goldnes Geschmeide blitzet
sie kämmt ihr goldenes Haar.

Sie kämmt es mit goldenem Kamme
und singt ein Lied dabei;
das hat eine wundersame,
gewaltige Melodei.

Den Schiffer im kleinen Schiffe
ergreift es mit wildem Weh,
er schaut nicht die Felsenriffe,
er schaut nur hinauf in die Höh.

Ich glaube, die Wellen verschlingen
am Ende Schiffer und Kahn;
und das hat mit ihrem Singen
die Lorelei getan.

Heinrich Heine

Waldgespräch

Es ist schon spät, es wird schon kalt,
was reitest du einsam durch den Wald?
Der Wald ist lang, du bist allein,
du schöne Braut! Ich führ dich heim!

"Groß ist der Männer Trug und List,
vor Schmerz mein Herz gebrochen ist,
wohl irrt das Waldhorn her und hin,
o flieh! Du weißt nicht, wer ich bin."

So reich geschmückt ist Roß und Weib,
so wunderschön der junge Leib!
Jetzt kenn ich dich-Gott steh mir bei!
Du bist die Hexe Loreley.

"Du kennst mich wohl - vom hohen Stein
schaut still mein Schloß tief in den Rhein.
Es ist schon spät, es wird schon kalt;
kommst nimmermehr aus diesem Wald!"

Joseph von Eichendorff

In der Sonnengasse

In der Sonnengasse zu St. Goar,
da kämmt sich die Resi ihr schwarzes Haar.
Sie lacht in den Spiegel verstohlenen Blicks,
silbern über ihrem Bett hängt ein Kruzifix;
ihr Pantöffelchen klappert, ihr Schnürleib kracht;
Heute Nacht! Heute Nacht!

In der Sonnengasse zu St. Goar,
da wohnt schräg gegenüber ein junger Scholar,
der pfropft sich in den Schädel lauter dummes Zeug,
schwarz auf seinem Pult liegt das Pentateuch.
Da streift ihn die Sonne, und sein Leder kracht:
Heute Nacht! Heute Nacht!

Arno Holz

Der Handstand auf der Loreley
(nach einer wahren Begebenheit)

Die Loreley, bekannt als Fee und Felsen,
ist jener Fleck am Rhein, nicht weit von Bingen,
wo früher Schiffer mit verdrehten Hälsen,
von blonden Haaren schwärmend, untergingen.

Wir wandeln uns. Die Schiffer inbegriffen.
Der Rhein ist reguliert und eingedämmt.
Die Zeit vergeht. Man stirbt nicht mehr beim Schiffen,
nur weil ein blondes Weib sich dauernd kämmt.

Nichtsdestotrotz geschieht auch heutzutage
noch manches, was der Steinzeit ähnlich sieht.
So alt ist keine deutsche Heldensage,
daß sie nicht doch noch Helden nach sich zieht.

Erst neulich machte auf der Loreley
hoch überm Rhein ein Turner einen Handstand!
Von allen Dampfern tönte Angstgeschrei,
als er kopfüber oben auf der Wand stand.

Er stand, als ob er auf dem Barren stünde,
mit hohlem Kreuz und lustbetonten Zügen.
Man fragte nicht: Was hatte er für Gründe?
Er war ein Held, das dürfte wohl genügen.

Er stand verkehrt im Abendsonnenscheine.
Da trübte Wehmut seinen Turnerblick.
Er dachte an die Loreley von Heine
und stürzte ab. Und brach sich das Genick.

Er starb als Held. Man muß ihn nicht beweinen.
Sein Handstand war vom Schicksal überstrahlt.
Ein Augenblick mit zwei gehobnen Beinen
ist nicht zu teuer mit dem Tod bezahlt.

P. S. Eins wäre allerdings noch nachzutragen;
Der Turner hinterließ uns Frau und Kind.
Hinwiederum, man soll sie nicht beklagen,
weil im Reich der Helden und der Sagen
die Überlebenden nicht wichtig sind.

Erich Kästner

Meine Loreley

Meine Schwester hat sich ertränkt
warum ist es am Rhein so
schön die Loreley zu sehn
mit dem Abwasser angeschwemmt
nach einer langen Nacht
bei einem Wirte wundermild
kämmt sie ihr weißes Haar da
war sie jüngst zu Gast als
er sie angefaßt mit
mit seinem süßen Mund und
zehn Elektroschocks kühl
in ihr Hirn gebrannt
und das hat mit ihrem Singen
die Loreley getan

Ars poetica

Danke ich brauche keine neuen
Formen ich stehe auf
festen Versfüßen und alten
Normen Reimen zu Hand
zu Papier und zu euren
Ohren bring ich was klingen soll
klingt mir das Lied aus den
Poren rinnen die Zeilen voll
und über und drüber und drunter
und drauf und dran und wohlan

Ulla Hahn

Hochseil

Wir turnen in höchsten Höhen herum,
selbstredend und selbstreimend,
von einem Individuum
aus nichts als Worten träumend.

Was uns bewegt - warum? wozu? -
den Teppich zu verlassen?
Ein nie erforschtes Who-is-who
im Sturzflug zu erfassen.

Wer von so hoch zu Boden blickt,
der sieht nur Verarmtes, Verirrtes.
Ich sage: wer Lyrik schreibt, ist verrückt,
wer sie für wahr nimmt, wird es.

Ich spiel mit meinem Astralleib Klavier,
vierfüßig - vierzigzehig -
Ganz unten am Boden gelten wir
für nicht mehr ganz zurechnungsfähig.

Die Loreley entblößt ihr Haar
am umgekippten Rheine...
Ich schwebe graziös in Lebensgefahr
grad zwischen Freund Hein und Freund Heine.

Peter Rühmkorf

Lorelei
1982

Unter dem Rhein
singt die Lorelei

Fische
verschweigen das Lied

Ein hellhöriger Angler
fängt es heraus
schenkt es

uns allen

Rose Ausländer

Die Toreloreliese
1984

Hoch, hoch über Feld und Wiese
thront die Toreloreliese

und jedes Wesen unter Zwang
lauscht stocksteif dem Gesang.

Einstmals fürchtete sie jeder sehr
jetzt ist es schon lange her

daß von Toreloreliesen
Toren sich beloren ließen

locket mit dem schönen Schiff
auf ein unsichtbares Riff

um dort grausam zu verlieren
was schon Schulkinder kapieren.

Heut noch weckt allein der Name
Furcht vor dieser Circendame

denn noch immer macht das Torelorelieseflüstern
lose Toren lieselüstern.

Cornelis Buddingh